40 % der Wahlberechtigten sind im Bundestag nicht repräsentiert

Die Tatsache, dass die Wahlbeteiligung bei Bundestags­wahlen seit 1972 sinkt, führt dazu, dass die jeweilige Bundesregierung von einem immer kleineren Teil der Bevölkerung gewählt wird. Bei der Bundestagswahl wurde der Bundestag und dadurch indirekterweise die Regierung faktisch von nur 45,79 Prozent der Gesamtbevölkerung bzw. 59,5 der Wahlberechtigten gewählt.

Wahlbeteiligung und Verteilung der Stimmen der Wahlberechtigte bei Bundestagswahlen

Die Grafik gibt einen Überblick über alle Wahl­berechtigten bei der letzten Bundestagswahl. Von insgesamt 61,95 Millionen wahlberechtigter Bürger haben sich 17,64 Millionen (28,5 Prozent) ihrer Stimme enthalten. 6,86 Millionen Zweitstimmen wurden wegen der Fünf-Prozent-Hürde nicht berücksichtigt und 583 069 Zweitstimmen waren ungültig. Lediglich ca. 60 % der Wahlberechtigten werden tatsächlich im Bundestag vertreten.

Legitimität des Bundestags und der Bundesregierung bei sinkender Wahlbeteiligung

Innerhalb von 40 Jahren ist die Wahlbeteiligung um mehr als 20 Prozent gesunken. Sollte sie bei der Bundestagswahl 2017 weiter sinken, würde sich die Frage nach der Legitimität des gewählten Bundestags und der gesamten Bundes­regierung verstärkt stellen.

Quorum, das; -en 〈lat. von denen〉 in der Politik ist das Quorum die notwendige Anzahl an Stimmen, die erreicht werden muss, damit eine Wahl oder Abstimmung gültig ist. Quoren finden sowohl in der repräsentativen Demokratie (bei Wahlen) als auch in der direkten Demokratie (bei Abstimmungen) Anwendung. Synonym: Mindest­wahlbeteiligung.

Es gibt bei den Bundestagswahlen kein Quorum (Mindest­wahl­beteiligung), das heißt, es gibt keine Mindestzahl an abgegebenen Stimmen, unterhalb deren die Wahl ungültig wäre. Ad absurdum: Würden nur wenige Tausend Bürger wählen, wäre die Wahl trotzdem für alle 80 Millionen Deutsche rechtsgültig. Wäre der Bundestag dann trotzdem legitim? Ab wie viel Prozent Wahl­beteiligung ist diese Legitimität gegeben?

Mehr über verschiedene Arten von Quoren und ihre positiven und negativen Aspekte auf Wikipedia: Quorum (Politik).

Faktoren, die die Legitimität des Bundestags weiter schmälern

Jenseits der Enthaltung gibt es zwei weitere Faktoren, die die repräsentative Funktion des Bundestags infrage stellen und seine Legitimität schmälern:

Wahl

 

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4 Kommentare

  1. Auch ich bin der Meinung , dass das Wahlgesetz in Deutschland geändert werden muss. Unsere Politiker kleben zu lange an Ihren Posten und sprechen vom Volkswohlstand wie der Blinde von der Farbe. Es berührt unsere Volksvertreter nicht ,wenn Bürger aus Protest nicht zur Wahl gehen . Diese werden als Querdenker oder Dummköpfe abgetan. Hauptsache Politiker können ihr „Weiterso“ manifestieren. Ursachen für das Wählerverhalten werden nicht hinterfragt und es ist ja auch sehr bequem wenn nur noch Parteimitglieder zur Wahl ihrer eigenen Partei gehen. Nichtwählerstimmen sollte durch die Stimme des Bundespräsidenten gestützt werden. Wenn 20-30 % nicht zur Wahl gehen, so müsste stellvertretend der Bundespräsident diese Stimmen erhalten. Der Bundespräsident selbst ist in geheimer Wahl als Person (ohne eigene Parteizugehörigkeit) zu wählen . Seine Stimme sollte als eine Entscheidung des gesunden Menschenverstandes gewertet werden und so ein Gegengewicht zu parteipolitischen Entscheidungen darstellen.

  2. Alles gut, alles schön. Eine Wahlbeteiligung von deutlich unter 50% würde zwar nicht formal die Legitimität des pol. Systems eliminieren, jedoch würde ein bewusst und gezielt durchgeführter Wahlboykott (So wollen wir nicht regiert, so wollen wir nicht informiert werden) einen legalen politischen Generalstreik bedeuten. Zudem sollte man bedenken: die großen Politologen und Kommentatoren des Grundgesetzes haben festgestellt, dass das Grundgesetz aufgrund der jahrzehntelangen hohen Wahlbeteiligung zur Verfassung wurde. Eine dauerhaft geringe Wahlbeteiligung würde diese Zustimmung zurücknehmen.

    Allein aus ästhetischen Gründen ist es mir seit 1998 nicht mehr möglich, an Wahlen teilzunehmen. Ich kann Parteien, die das Rechtssystem und das Politische System des Landes zerstören nicht mit meiner Stimme belohnen. Als Nichtwähler bin ich der letzte Demokrat. Sicherlich kein guter, aber im Gegensatz zum vom Staatsfernsehen verseuchten Gehirnen immerhin noch ein Demokrat.

  3. Mein Lösungsvorschlag:
    In einer „parlamentarisch repräsentativen Demokratie“ muss sich die Wahlbeteiligung durch eine ehrliche Sitzvergabe im Bundestag widerspiegeln. Wenn von 100% der Wahlberechtigten 30% sich ihrer Stimme enthalten (Nichtwähler) und 6% der Wähler,die sich für kleinere Parteien entschieden haben, welche an der 5%-Klausel scheitern; so müssen 36% der „blauen Sessel“ einen „weißen Stoffüberzug“ erhalten. Sie dürfen nicht durch „Volksvertreter“ besetzt werden, sondern müssen durch Leerstand die 30% Nichtwähler und 6% der Ausgeschlossenen repräsentieren.

  4. Hier ist ein konstruktiver Beitrag: Ich halte unser Parteiensystem für das Grundproblem. Die Parteien haben (über das Mittel der Parteilisten) eine Macht erlangt, die in der Verfassung nicht vorgesehen ist. Momentan bestimmt eine Handvoll Personen im jeweiligen Parteivorstand, wer im Parlament sitzt und für was ein Abgeordneter zu stimmen hat (Fraktionszwang). Das hat mit der Idee einer repräsentativen Demokratie so viel zu tun, wie die Wahlen damals in der DDR.

    So wie es jetzt ist, kontrolliert nicht das Parlament die Regierung (was die verfassungsgemäße Funktion eines Parlamentes ist), sondern die Regierung über die Fraktionsvorsitzenden das Parlament.
    Wenn es nach mir ginge, würde man Parteilisten abschaffen und alle Bundestagsabgeordnete würden ausschließlich über die Höhe des in Ihrem Wahlkreis erzielten Resultates selektiert. Nur dann bestimmen die Wähler darüber, wer ihn im Parlament vertritt.

    Unsere (Pseudo-)Demokratie hat schon viel Ihrer Substanz eingebüßt und ich halte den Rest für akut gefährdet. Die Unabhängigkeit des Abgeordneten (Artikel 38 des Grundgesetzes) wurde bereits erfolgreich beerdigt. Das gleiche gilt für das Postgeheimnis (Artikel10).
    In Brüssel/der EU, wohin viel der nationalen Souveränität der europäischen Staaten transferiert worden ist, fehlt es essentiell an demokratischer Legitimation (Das EU Parlament hat nichts zu kamellen). Dadurch sind viele Entscheidungen (die ja heutzutage auf europäischer Ebene getroffen werden) jedweder demokratischen Kontrolle entzogen worden.
    Solange das EU Parlament keine dem Bundestag analogen Befugnisse gegenüber Rat und Kommission hat, sollten daher KEINE Zuständigkeiten nach Brüssel verlagert werden. Wir müssen auf demokratische Strukturen bestehen – auch und gerade in Brüssel!

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